Uwe THEO Kropinski
Wie man Fotograf wird
Eine Reisegruppe steht vor einem Sonnenuntergang, einem sogenannten Naturschauspiel. Alle versuchen dieser aussergewöhnlichen Situation irgendwie gerecht zu werden. Jeder hat dazu eine kleine Maschine in der Hand die wir Fotoapparat nennen, die heute aber meist Smart Phone heisst.
Es wird munter drauflos geschossen, nur einer steht und schaut. Man mustert ihn schräg von der Seite. Was will dieser Mensch eigentlich hier? Die Menge mag keine Einzelnen. Sie fallen auf. Stören das Ritual und so fragt bald jemand: “Sag mal, warum fotografierst du eigentlich nicht?“ Die Antwort kommt unvermittelt schnell, so als hätte der Gefragte sich nichts dabei gedacht:
“Ich sehe es mir lieber gleich an!“ lautet seine Antwort, die im Kreis der Fotografierenden teils Heiterkeit teils Unverständnis, bei einigen Besitzern teurer Fotoapparate sogar Ärger auslöst.
Und doch ist es dieser Eine der verstanden hat, dass man die Wirklichkeit nicht auf einem Foto festhalten kann und auch gar nicht sollte. Ein berühmter Fotograf sagte ihn interessiere die Wirklichkeit wenig wenn er ein Foto mache. Ein Foto ist ein Foto und sollte zeigen was die Wirklichkeit ohne ein Foto nicht zu zeigen vermag. Ich sehe was, was du nicht siehst, lautet die einzig richtige Devise des wahren Fotografen. Ein Bild ist ein Bild und was man dort sieht könnte man ohne das Bild so gar nicht sehen. Die Wirklichkeit ist schön genug, sie braucht keine Bilder und wer sie abzubilden versucht ist zum Scheitern verurteilt. Gibt es viel zu sehen kann ein Foto daraus leider nur weniger machen. Das ist die Tragik der Urlaubsfotografen. Der wahre Fotograf macht aus der letzten Pfütze ein Bild das vielleicht schön sein kann. Oder auch nicht. Jedenfalls hat er diese Schönheit gesehen und wenn er Glück hat sieht sie vielleicht auch irgendein Anderer. Wenn nicht ist es auch gut. Ein Fotograf tut was er tun muss. Er sieht was du nicht siehst und macht sich ein Bild davon und wenn du was siehst was er nicht sieht bist auch du …
ein Fotograf.